Fiktion

Fiktion

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Fik|ti|on 〈f. 20
2. etwas, das nur in der Fantasie, Vorstellung existiert
3. Annahme, Unterstellung (eines nicht wirklichen Falles, um daraus Erkenntnisse abzuleiten)
4. 〈Rechtsw.〉 Gleichsetzung zweier verschiedener Tatsachen
[<lat. fictio „Bildung, Formung, Gestaltung“]

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Fik|ti|on, die; -, -en [lat. fictio = Einbildung, Annahme, zu: fingere, fingieren]:
1. (bildungsspr.) etw., was nur in der Vorstellung existiert; etw. Vorgestelltes, Erdachtes:
eine politische, literarische F.;
alle Gestalten des Werkes sind dichterische F.
2. (Philos.) bewusst gesetzte widerspruchsvolle od. falsche Annahme als methodisches Hilfsmittel bei der Lösung eines Problems.

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Fiktion
 
[zu lateinisch fingere, fictum »formen«, »bilden«; »ersinnen«, »erheucheln«] die, -/-en,  
 1) bildungssprachlich für: etwas, das nur in der Vorstellung existiert, etwas Erdachtes.
 
 2) Literatur: als bestimmendes Element von Literatur und Dichtung das Erdachte, Erfundene, Vorgestellte, Erdichtete, das so nicht in der tatsächlichen Wirklichkeit existiert, aber so dargestellt und beschrieben wird, als ob es wirklich wäre. Dramatische Dichtung beruht auf der Fiktion, dass das auf der Bühne Vorgeführte sich wirklich ereigne. Es ist jedoch selbst das in der Lyrik sich ausdrückende Subjekt häufig fiktiv. - Fiktion und Wirklichkeit sind als Begriffe umstritten; auch die erlebte Wirklichkeit selbst ist häufig bereits - durch die modernen Massenmedien vermittelt - medial produziert. Fiktion wird in der Literaturwissenschaft auch zur Charakterisierung verschiedener Erzählweisen verwendet.
 
 
W. Kayser: Die Wahrheit der Dichter (26.-70. Tsd. 1961);
 
Nachahmung u. Illusion, hg. v. H. R. Jauss (1964);
 U. Keller: Fiktionalität als literaturwiss. Kategorie (1980);
 
Funktionen des Fiktiven, hg. v. D. Henrich u. a. (1983);
 M. Riffaterre: Fictional truth (Baltimore, Md., 1990);
 G. Genette: F. u. Diktion (a. d. Frz., 1992);
 K. Hamburger: Die Logik der Dichtung (41994);
 J. H. Petersen: Fiktionalität u. Ästhetik. Eine Philosophie der Dichtung (1996).
 
 3) Logik und Philosophie: ein Sachverhalt, von dem (noch) nicht gesagt werden kann, ob die ihn darstellende Aussage wahr oder falsch ist. - Im Gegensatz zu Pseudokennzeichnungen, in denen die Existenz eines Gegenstandes, ohne dass dies durch ein literarisches oder rethorisches Interesse gerechtfertigt wäre, bloß vorgetäuscht wird, ist eine Fiktion auch wissenschaftlich zugelassen, wenn sie als Antizipation eines gewollten oder in Erwägung gezogenen Zustandes gedeutet werden kann. In diesem Sinne sind Hypothesen Fiktionen, desgleichen alle Vernunftbegriffe im Sinne Kants. Im Anschluss an den Sprachgebrauch Kants hat H. Vaihinger diesen Begriff der Fiktion zur Grundlage einer Sonderform idealistischer Erkenntnistheorie genommen, des Fiktionalismus.
 
 4) Recht: die normative Annahme eines Sachverhalts als wahr, der in Wirklichkeit nicht besteht (sprachlich meist ausgedrückt durch eine Form von »gelten«), um hieraus die Ableitung sonst nicht möglicher Rechtsfolgen vornehmen zu können. Beispiel: Ist ein Schuldner zur Abgabe einer Willenserklärung verurteilt, gilt diese Erklärung mit Rechtskraft des Urteils als abgegeben. Im Unterschied zur gesetzlichen Vermutung kann die Fiktion nicht durch Gegenbeweis entkräftet werden.
 

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Fik|ti|on, die; -, -en [lat. fictio = Einbildung, Annahme, zu: fingere, ↑fingieren]: 1. (bildungsspr.) etw., was nur in der Vorstellung existiert; etw. Vorgestelltes, Erdachtes: eine politische, literarische F.; alle Gestalten des Werkes sind dichterische F.; Die F. des „Wirtschaftsbürgers“ wurde geboren (Augstein, Spiegelungen 24); die F. vom Ich, von der Person (Hesse, Steppenwolf 23); Beide Seiten ... wissen heute, dass Westberlin ein Faktum ist und keine F. (Dönhoff, Ära 103). 2. (Philos.) bewusst gesetzte widerspruchsvolle od. falsche Annahme als methodisches Hilfsmittel bei der Lösung eines Problems.

Universal-Lexikon. 2012.

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